Der Festverlauf

Im ländlichen Raum bildet die Kirchweih eine wichtige dörfliche Institution, mit den – zumeist unverheirateten – Kirmesburschen (in Franken auch „Ortsburschen“ oder „Kärwaboum“; in Hessen „Kerweborsche“, „Kerbeborsch“, „Kermesborsche“, „Plobursche“ oder „Kerbborsch“ genannt, im Saarland und Rheinland-Pfalz auch „Straußbuwe“ wegen des oft kunstvoll verzierten Kirmesbaums), die das jährliche Fest organisatorisch tragen. Mittlerweile nehmen daran in vielen Dörfern auch Mädchen und junge Frauen teil („Kärwamadla/-madli“).

Im hessischen Odenwald wird die „Kerwe“ traditionell „ausgegraben“, also eröffnet. Die Dorfbewohner ziehen meist freitags oder samstags durch die Ortsstraßen zum Haus des „Kerweparrers“ (Kerwepfarrers), holen diesen ab und gehen gemeinsam zu einem Punkt, an dem eine Flasche oder etwas ähnliches aus dem Boden ausgegraben wird. Mit diesem Ritual ist die Kerwe eröffnet und wird erst wieder durch das Eingraben einer neuen Flasche für das nächste Jahr beendet. Sonntags findet in vielen Dörfern ein Kerwe-Umzug statt, bei dem Gruppen, Vereine und Personen aus dem Ort und der Region mit kreativen Ideen und gestalteten Wagen/Traktoren durch die Straßen ziehen.

Bei der original fränkischen „Kerwa“ beziehungsweise Oberpfälzer „Kirwa“, die man in den Monaten April bis Oktober in vielen Ortschaften findet, dauert die Veranstaltung meist von Freitag bis Montag. Am Freitag finden meist Musikveranstaltungen für die Jugend statt.
„Kärwaboum“ mit einem Kirchweihbaum

Am Samstag wird von den ortsansässigen Burschen der „Kirchweihbaum“ aufgestellt. Am Samstag früh fahren sie mit den Traktoren und Anhängern in den Wald, um den vorher ausgesuchten Baum (meist eine Fichte) zu fällen und ins Dorf zu bringen. Der Baum darf beim Fällen nicht durchbrechen, insbesondere der empfindlichen Spitze wird besondere Aufmerksamkeit gewidmet. In manchen Dörfern wird der Baum schon am Freitag „eingeholt“ und wird dann über Nacht von den Kärwaboum bewacht, damit dieser nicht von rivalisierenden Kärwaboum aus Nachbarorten, gestohlen oder beschädigt wird. Der Baum wird mit Kränzen, Bändern und Schnitzereien in die Rinde geschmückt. Von der Musikkapelle begleitet, wird der Baum dann am Nachmittag in das Dorf gefahren und vor der Wirtschaft, in der die Burschen verkehren, oder auf dem Dorfplatz unter Benutzung verschieden langer, an einem Ende verbundener Stangen (Schwalben oder Spreizen) wieder aufgestellt. Dieser Vorgang zieht sich meist über mehrere Stunden hin und ist sehr anstrengend, da der Baum über 30 Meter hoch sein kann.

Am Sonntag trifft man vereinzelt noch das „Fässla ausgraben“ an. Dabei wird, wenn es zwei „rivalisierende“ Gruppen von Burschen gibt, ein Bierfass im Garten der jeweils anderen Gruppe versteckt und muss dann von den ortsansässigen Burschen gesucht werden. Schaffen sie es nicht, ist es eine Schmach, wenn die andere Burschenschaft das Bierfass wieder ausgräbt.